Achtsamkeit in der Beziehung - Wenn Verbindung wieder wachsen darf
Es gibt Phasen im Leben, in denen alles in uns aufwacht – alte Verletzungen, verschlossene Räume, vergrabene Muster. Als ich mit meinem ersten Kind schwanger war, begann für mich so eine Zeit. Die intensive Auseinandersetzung mit bindungsorientierter Erziehung brachte mich nicht nur meinen Kindern näher, sondern auch mir selbst – und vor allem meinem eigenen kindlichen Schmerz. Ich arbeitete hart an mir. Ich kämpfte innerlich, oft lautlos.
Doch während ich innerlich Schicht um Schicht abtrug, wuchs unbemerkt neue Schichten zwischen uns, zwischen mir und meinem Partner.
Er wusste nichts von meinem inneren Ringen. Vielleicht, weil ich es nicht zeigen konnte. Vielleicht, weil er es nicht sehen konnte. Vielleicht, weil auch seine eigenen Erfahrungen es ihm schwer machten, wirklich nah zu sein.
Rückblickend war er oft nicht mein Partner – sondern nur Spiegel, Trigger, Gegenspieler in einem inneren Drama, das älter war als unsere Beziehung. Wir warfen uns Dinge vor, die wir beide in unserem Inneren trugen, oft ungesagt, aber spürbar. Reagierten auf Worte, die nie ausgesprochen wurden.
Und doch war alles real – weil es in mir real war.
Es entstand ein Kreislauf: Je mehr ich mich schützte, desto mehr entfernte ich mich. Und irgendwann passte er nicht mehr in das Bild einer Familie, das ich für meine Kinder gestalten wollte. Aber auch das war nur ein Bild.
Was bleibt, wenn Worte wehgetan haben?
Was hilft, wenn Vertrauen beschädigt ist, nicht nur zwischen zwei Menschen, sondern auch in sich selbst?
Kleine Achtsamkeitsgesten – erst für ihn, dann für mich
Ich weiß, dass ich nicht sofort in der Lage bin, zu sprechen, zu verzeihen oder zu klären.
Aber ich will Raum schaffen.
Nicht groß. Nur weit genug für einen ersten Schritt.
💬 In seine Richtung:
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Ihn einmal kurz bewusst ansehen – nicht mit Schmerz, nicht mit Vorwurf. Einfach: Ich sehe dich.
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Ihm einen Kaffee machen. Ohne Kommentar. Einfach hinstellen.
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Vielleicht einen Zettel da lassen: "Ich weiß, wir tragen beide viel."
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Musik laufen lassen, die mir Frieden bringt.
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Abends: ihm innerlich Frieden wünschen, auch wenn wir nicht reden.
Diese Gesten sagen nichts Lautes. Aber sie öffnen Türen. Nicht mit Gewalt, sondern mit Präsenz.
🌿 Und dann – in meine Richtung:
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Jeden Tag einen Satz für mich flüstern: "Ich darf weich sein."
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Mich selbst anschauen mit den Augen, die ich meinen Kindern schenke.
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Mich fragen: Was habe ich heute gespürt, was ich früher nicht spüren konnte?
Verbindung braucht keinen Plan – nur Ehrlichkeit
Vielleicht dauert es. Vielleicht wird es nicht wie früher – sondern besser. Weil echter.
Weil nichts mehr kaschiert werden muss.
Weil ich nicht mehr jemand sein muss, der alles im Griff hat.
Ich lerne, dass es keine Schuld gibt – sondern Prägung. Keine Lösung – sondern Bewegung.
Und dass kleine Gesten oft mehr sagen als große Gespräche.
Achtsamkeit ist für mich heute nicht mehr Meditation oder Stille.
Es ist, wenn ich mich traue, wieder weich zu werden – mit ihm.
Und mit mir.
Dieser Beitrag ist Teil der Wegmarke: [Partnerschaft & Eltern sein - Wir statt Ich]
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