Was mein Kind wirklich will – und wie ich es begleiten kann, das herauszufinden

01.06.2025

Zwischen Gruppenzwang, Glitzer und der leisen Stimme im Innern

Ich stehe mit meiner Tochter im Spielzeugladen. Überall funkelt es, Plastikfiguren strahlen uns an, überall Glitzer, Rosa, Lichter. "Mama, das will ich haben", sagt sie mit großen Augen.

Ein Teil von mir zuckt zusammen. Nicht, weil ich ihr nichts gönne. Sondern weil ich spüre: Das hier ist kein echter Wunsch – es ist ein Reflex, ein Impuls, ausgelöst von Werbung, Gruppenzwang und perfekt inszenierter Konsumwelt.

Und ich frage mich:
Wie kann mein Kind ein Gefühl dafür entwickeln, was es wirklich will?
Wie kann ich es begleiten, ohne zu manipulieren oder meine eigenen Prägungen auf sie zu übertragen?

Meine Geschichte mit falschen Geschenken

Ich weiß, wie sich übergestülpte Wünsche anfühlen.
In meiner Kindheit bekam ich vieles geschenkt – aber nicht das, was ich wirklich gebraucht hätte.
Nicht Nähe, nicht Echtheit, nicht Zugewandtheit.

Stattdessen: Krempel.
So nannte es meine Pflegemutter, wenn sie über das sprach, was sich in meinem Zimmer ansammelte.
Plastikspielzeug, das ich nie wollte. Dinge, mit denen ich mich nicht verbinden konnte. Dinge, die nach kurzer Zeit nur noch Staubfänger waren – und mir dann vorgeworfen wurden.

Ich wollte keine Puppen, die man nicht liebhaben konnte.
Ich wollte Freiheit.
Wald. Tiere. Erde unter den Fingern.
Ich wollte gesehen werden – nicht ausgestattet.

Kinderwünsche zwischen Werbung und echten Bedürfnissen

Heute sehe ich, wie leicht auch mein Kind von außen beeinflusst wird.
YouTube, andere Kinder, bunte Verpackungen im Kaufhaus – sie alle erzeugen Bedürfnisse, die sich oft nur echt anfühlen, aber gar keine sind.

Wie kann ein Kind echte Wünsche von manipulierten Impulsen unterscheiden?

Es kann das lernen – mit uns, nicht durch uns.
Nicht durch ein "Nein", sondern durch ein "Hinschauen".
Nicht durch Konsumverweigerung, sondern durch gemeinsames Verstehen.

Wie ich mein Kind begleite, Wünsche zu spüren

Ich habe begonnen, Fragen zu stellen, statt zu verbieten:

  • "Was genau gefällt dir daran?"

  • "Wie würdest du damit in ein paar Tagen spielen?"

  • "Hattest du schon mal etwas, das du sehr wolltest – und dann doch nicht gebraucht hast?"

  • "Magst du den Wunsch aufschreiben und schauen, ob er nächste Woche noch da ist?"

Diese Fragen öffnen Räume. Sie laden mein Kind ein, sich selbst zu spüren, statt auf Impulse von außen zu reagieren.

Ich bin nicht die Richterin über ihre Wünsche. Ich bin ihre Begleiterin, bis sie ihre eigene Stimme hört.

Wunsch oder Impuls? Konsum oder Verbindung?

In einer Welt, die ständig "Mehr!" schreit, ist Langsamkeit ein Geschenk.
Ich merke, wie wichtig es ist, Räume zu schaffen, in denen Wünsche reifen dürfen. Ohne sofortige Erfüllung. Ohne Druck.

Wir haben ein Wunschbuch, in das wir Dinge eintragen, die gerade wichtig erscheinen. Manche Wünsche verblassen nach Tagen. Andere bleiben. Und manche wachsen.

So lernt sie, dass nicht alles, was glänzt, auch bleiben will.
Und dass manche Dinge nicht gekauft, sondern erschaffen oder erlebt werden.

Mein eigener Prozess – und das innere Kind in mir

Ich begleite nicht nur mein Kind – ich begleite auch mich.
Das Kind in mir, das zu viel bekommen hat und zu wenig gemeint war.
Das Kind, das sich heute wieder meldet, wenn meine Tochter Plastikspielzeug will.

Ich atme. Ich erinnere mich.
Ich bin heute groß. Ich kann zuhören – ihr und mir.

Fazit: Freiheit im Wünschen ist möglich – mit unserer Begleitung

Wahre Wahlfreiheit heißt nicht, dass Kinder alles bekommen.
Es heißt: Sie dürfen spüren lernen, was sie wirklich brauchen.

Wir können sie dabei begleiten, sich nicht von Werbung, Gruppendruck und glitzernden Verpackungen verführen zu lassen.
Nicht durch Kontrolle – sondern durch Bewusstheit, Gespräch, Langsamkeit und Vertrauen.

Denn wenn ein Kind sich selbst spüren darf, dann wird es irgendwann sagen:

"Das will ich nicht, das brauche ich nicht – das bin ich nicht."

Und das ist ein größeres Geschenk als jedes Spielzeug.


Dieser Beitrag ist Teil der Wegmarke [Mutterschaft, zwischen Liebe, Last & Lebenskraft]
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