Wenn mein Kind traurig ist – und ich nicht eingreife
Wie aus Schmerz Präsenz wird
Es gibt Momente, in denen das Kind weint – und ich nicht tröste. Nicht so, wie viele es erwarten würden. Kein "Ist doch nicht so schlimm." Kein "Komm, wir schauen nach einer Lösung." Sondern nur: Ich bleibe.
Ich halte.
Ich atme.
Ich höre.
Und manchmal ist es fast wie eine Meditation – nur, dass ich dabei nicht sitze, sondern halte. Nicht mit den Händen fest, sondern mit dem Herzen offen. Ich sage:
"Ich sehe deinen Schmerz."
Oder: "Das war sicher schlimm für dich."
Und dann: Stille.
Diese Stille ist nicht leer. Sie ist ein Raum. Für alles, was auftaucht. Für Tränen. Für Scham. Für Wut. Für das, was oft so schwer zu benennen ist. Und ich bleibe – nicht als Retterin, sondern als Begleiterin. Nicht mit Lösungen, sondern mit Vertrauen.
Ich greife nicht ein – ich vertraue
Manchmal fragt mein Kind nach einer Weile:
"Mama, ich könnte ja…"
Dann, und nur dann, gehen wir in die Möglichkeiten. In das "Vielleicht". In das "Und was noch?".
Aber vorher?
Vorher gibt es nur diesen einen Satz, der für mich wie eine Brücke geworden ist:
"Wie fühlt es sich jetzt an?"
Und dann:
"Kannst du mir zeigen, wo der Schmerz sitzt?"
Ein Finger zeigt auf den Bauch. Auf den Hals. Auf die Brust.
Ich sage:
"Oh, da ist er also. Na dann lassen wir ihm noch ein bisschen Zeit."
Und wieder: Stille. Vertrauen. Raum.
Ich bin nicht mehr sechs – ich bin da
Was mir auffällt: Ich selbst werde dabei nicht klein. Nicht zurückgeworfen. Nicht überflutet. Ich bin mit meinem inneren Kind längst in Verbindung – meine Kinder triggern es nicht.
Mein Partner – das ist eine andere Geschichte. Da kämpfe ich manchmal.
Da werde ich manchmal noch klein.
Aber mit meinen Kindern?
Da bin ich Mutter.
Nicht als Rolle, sondern als Zustand.
Weich. Wach. Gegenwärtig.
Ich bin nicht die Lösung. Ich bin der Raum, in dem sich eine Lösung zeigen darf – wenn sie will.
Was Kinder in solchen Momenten wirklich brauchen?
Nicht unsere Erklärungen.
Nicht unsere Erziehung.
Sondern unsere stille Kraft.
Unser Nicht-Handeln, das alles hält.
Unsere Bereitschaft, mit ihnen im Schmerz zu sitzen – ohne dass er uns verschluckt.
✨ Fazit
Ich halte mein Kind.
Sicher – aber nicht fest.
Und so lernt es, sich selbst zu halten.
Nicht, weil ich stark bin.
Sondern weil ich bleibe.
Dieser Beitrag ist Teil der Wegmarke: [Mutterschaft – zwischen Liebe, Last und Lebenskraft]
zum Weiterlesen hier -> Manifest einer radikal liebevollen Mutter – Ein Vermächtnis für meine Kinder