Wenn sie in mir spricht – und ich neu wähle

25.05.2025

Ein Weg aus der Wiederholung in die bewusste Mutterschaft

Es gibt diese Momente, in denen ich spüre, wie sie wieder da ist.
Nicht körperlich. Nicht sichtbar. Aber in mir.
Die alte Stimme. Die Pflegemutter.

Alte Stimmen in mir – wenn meine Pflegemutter spricht

Sie kommt nicht oft – nicht mehr wie früher.
Aber sie findet mich in genau den Momenten, in denen es brenzlig wird.

Wenn meine Tochter etwas tut, das mich triggert.
Wenn ich müde bin, überfordert, verletzt.
Wenn mein Nervensystem Alarm schlägt, weil eine innere Grenze berührt wurde, die ich selbst nie spüren durfte.

Dann drängt sie sich nach vorne.
Streng. Abwertend. Kurz angebunden.
Ich spüre den Reflex, Kontrolle zu übernehmen. Laut zu werden. Grenzen zu setzen – nicht aus Liebe, sondern aus Angst.

Ich bin nicht sie – ich wähle neu

Und genau da beginnt meine Arbeit.
Ich erkenne es.
Ich halte inne.
Ich frage mich leise:

"Wer spricht da gerade in mir? Bin das ich? Oder sie?"

Es ist fast wie ein Echo aus einer anderen Zeit.
Und wenn ich es erkenne, wird es still.
Nicht gleich leicht – aber still.

Ich atme.
Ich warte.
Ich lasse sie nicht sprechen.

Manchmal hilft mir ein kleiner Satz – wie ein Mantra, wie ein Anker:

"Ich bin nicht sie. Ich wähle jetzt neu."

Diese eine Sekunde, dieses Innehalten, ist der Unterschied zwischen Wiederholung und Befreiung.
Es ist keine große, dramatische Tat – sondern ein kleiner innerer Schritt. Aber er verändert alles.

Nähe statt Wiederholung – meine Töchter begleiten

Ich begleite meine Töchter heute nicht mehr mit der Stimme von damals.
Ich spreche mit meiner.
Mit der, die weich ist. Verletzlich. Klar.

Manchmal sage ich:

"Ich weiß gerade nicht weiter, aber ich bin da."

Und das reicht.
Denn Bindung entsteht nicht in der Perfektion – sondern in der Echtheit.

Wenn ich doch mal falle – mein Umgang mit Rückfällen

Und wenn ich doch einmal falle – wenn ich doch einmal sie werde –
dann verurteile ich mich nicht mehr.
Ich atme auch dort.
Ich blicke meinem Kind in die Augen und sage:

"Ich war gerade hart. Und ich merke, das war nicht richtig.
Ich lerne noch. Und ich bin froh, dass ich mit dir lernen darf."

So wird der Kreis nicht geschlossen – sondern geöffnet.
Für uns beide.


Dieser Beitrag ist Teil der Wegmarke [Mutterschaft, zwischen Liebe, Last & Lebenskraft]
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