Zwischen Systemen und Selbst: Wie ich meine Ernährung verlor – und langsam wiederfand

17.06.2025

Ernährung, Kontrolle & Heilung – Wie ich verlor, was mir guttat

Es gab eine Zeit, in der ich ganz bei mir war. Mein Körper hatte einen klaren Rhythmus, ich hörte auf meine Signale, aß roh, frisch, intuitiv – sogar Fisch und Fleisch, aber in einer Form, die sich richtig anfühlte. Kein Dogma, keine Regel. Nur ich und mein inneres Gespür.

Ich nannte es intuitive Rohkost. Mein Körper blühte auf. Mein Geist wurde ruhig. Ich schlief tief, war klar, stabil, satt im besten Sinne.

Doch dann kam das Leben dazwischen – oder besser: ein System.

Ich wurde Mutter. Ich trat in ein familiäres Gefüge ein, das mich nicht durch Worte kritisierte, sondern durch Blicke, Gesten, durch das, was nicht gesagt wurde. Ich wurde zur Reibungsfläche – nicht wegen dem, was ich sagte, sondern wegen dem, was ich lebte.

💥 Rückfall durch Beziehung, Schwangerschaft – und alte Dynamiken

Ich war nicht schwach – ich war schwanger. Und offen. Aber auch verletzlich. In der Verbindung zu meinem Körper hätte ich Rückhalt gebraucht, stattdessen kam emotionaler Druck.
Nicht direkt. Sondern durch kleine Gesten, Verweigerungen, Ignorieren.

Die Familie meines Partners – tief verstrickt in eigene ungesunde Muster – sah in meinem anderen Weg nicht eine Wahl, sondern eine Bedrohung.
Ich wurde zur "Komplizierten". Zur "Unflexiblen". Wieder spielte ich die Rolle, die ich als Kind nicht gewählt hatte, aber zugewiesen bekam.

Ich verlor meinen Rhythmus.
Ich verlor mein Gefühl für Hunger und Sättigung.
Ich verlor – mich.

🍽️ Zwang und Scham: Körpererinnerung in Reinkultur

Als ich 16 war, zwang mich meine damalige Pflegemutter, 1 kg Chili con Carne aufzuessen. Ich wollte nur helfen, servieren. Stattdessen musste ich weinen, würgen – und erbrechen.

Ein anderes Mal war es eine Speckplatte. Ich, die mithelfen wollte, wurde als gierig bezeichnet – und gezwungen, alles allein zu essen. Diese Szenen brannten sich ein.
Nicht als Erinnerung – sondern als Körperreaktion.

Noch Jahrzehnte später schlinge ich Essen hinunter, das ich gar nicht will. Nicht aus Appetit, sondern aus alter Ohnmacht.

🧬 Und dann kam der Körper: Rheuma als Sprache

Mit der Rückkehr in diese fremdbestimmte Essenswelt begannen die Schmerzen. Die Gelenke schwollen. Die Müdigkeit kam. Diagnose: Rheumatoide Arthritis.

Ich glaube heute:
Mein Körper sagte, was ich nicht mehr sagen konnte.
Er schrie: "Nicht noch einmal gegen dich selbst."

Ich war wieder an einem Punkt, an dem mein Nein übergangen wurde. Nicht mit Gewalt – sondern mit System. Mit Alltagsdruck. Mit "Man kann doch mal…".

Aber ich konnte nicht mehr.

🌱 Ich beginne neu – und koche nicht mehr für Systeme

Ich esse, wenn ich will. Ich faste, wenn mein Körper es braucht. Ich koche nicht mehr für Erwartungen. Ich koche, wenn es ein Ja in mir gibt.

Ich bin nicht mehr bereit, mich über mein Essverhalten definieren zu lassen. Nicht durch Anpassung. Nicht durch Abwehr. Sondern durch Klarheit.

Vielleicht kann ich meine Krankheit nicht "wegessen".
Aber ich kann aufhören, mich selbst zu verleugnen.

Und vielleicht – ganz vielleicht – ist das der erste Schritt in Richtung Heilung.

Dieser Beitrag ist Teil der Wegmarke: Meta & Rückschau
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[Die Sprache der Familie – und die Rolle, die ich nicht spielen wollte]